Audiometrie kurz erklärt

Die Audiometrie wird in verschiedene Techniken unterteilt, von denen die Haupttechniken die Luftleitung und die Knochenleitung sind:

  1. Luftleitung (LL, AC): Hierbei werden Kopfhörer oder Ohrstöpsel verwendet, die Schallwellen durch die Luft im äußeren Gehörgang an das Mittel- und Innenohr weiterleiten. Die Testergebnisse zeigen, wie gut das Ohr insgesamt – von außen bis innen – Schallwellen aufnimmt und verarbeitet. Das Oscilla A30 ist ein typisches Audiometer zur Messung der Luftleitung.

  2. Knochenleitung (KL, BC): Mit einem speziellen Vibrator ("Knochenleitungshörer"), der hinter dem Ohr platziert wird, werden Schallwellen direkt an das Innenohr geleitet, indem sie die Knochen des Schädels vibrieren lassen. Dieser Test isoliert das Innenohr und gibt Aufschluss darüber, ob eine Schädigung im Mittel- oder Außenohr vorliegt. Eine typische Anwendung ist der Hörtest in der Arbeitsmedizin im Zuge der Arbeitsmedizinischen Gehörvorsorge. Das meistverkaufte Audiometer in diesem Bereich ist das Oscilla A50 Audiometer

Vertäubung: Wenn in einem Ohr ein Hörverlust festgestellt wird, kann die Vertäubung (Maskierung) des nicht getesteten Ohrs notwendig sein, um sicherzustellen, dass der Ton nur vom getesteten Ohr gehört wird. Hierbei wird ein konstantes Rauschen im nicht getesteten Ohr gespielt, um es vorübergehend "taub" zu machen.

Zusammengefasst dient die Audiometrie dazu, das Ausmaß und die Art des Hörverlustes zu bestimmen und zwischen Problemen im Außen-/Mittelohr und denen im Innenohr zu unterscheiden. Weiterführende Untersuchungen beschreiben wir hier:

So kann der Arzt herausfinden, an welcher Art Schwerhörigkeit der Patient leidet:

  • Bei der Schallleitungsschwerhörigkeit (konduktive Schwerhörigkeit) hört der Patient die über den Kopfhörer angebotenen Töne erst bei größerer Lautstärke.
  • Die Schallempfindungsschwerhörigkeit (perzeptive Schwerhörigkeit) erfordert größere Lautstärken sowohl über den Kopfhörer als auch über den Knochenhörer.
Tonschwellenaudiometrie

Damit zu den Untersuchungsmethoden: Die Tonschwellenaudiometrie dient der Bestimmung der Hörschwelle für reine Töne (Sinustöne) in Oktav- bzw. Halboktavabständen (zwischen 125 und 8000 Hz), sie ist die am meisten angewandte audiometrische Untersuchungsmethode. Das Tonaudiogramm ist die in einem international genormten Koordinatensystem eingetragene Hörschwellenkurve. Das Ausmaß des Gehörschadens wird ermittelt und in Dezibel angegeben.

Die Prüfung kann prinzipiell im freien Schallfeld für beide Ohren gleichzeitig erfolgen (Freifeldaudiometrie; z. B. bei Kleinkindern), doch wird sie üblicherweise über Kopfhörer für beide Ohren getrennt durchgeführt. Sowohl bei der Freifeldprüfung als auch bei der Prüfung über Kopfhörer ist auf eine ausreichende Schalldämmung zur Ausschaltung von Umgebungslärm zu achten, da sonst - wie bei jeder Hörprüfung - die Ergebnisse verfälscht werden.

  • Luftleitung (LL): Die Schallzuleitung erfolgt über Kopfhörer und auf dem regulären Weg (äußeres Ohr - Mittelohr) zum Innenohr. Die Messung beginnt an jenem Ohr, das der Patient als besser funktionierend empfindet.
  • Knochenleitung (KL): Hier wird der Schall über einen Knochenhörer (ein schwingender Vibrator) auf den Warzenfortsatz (Knochenvorsprung hinter dem Ohr) übertragen und gelangt so direkt (ohne Mittelohr) zum Innenohr.

Beide Ohren werden getrennt voneinander geprüft. Bei der Hörprüfung werden die einzelnen Frequenzen mit stufenweise zunehmender Lautstärke angeboten. Sobald der Patient einen Ton hört, teilt er dies mit (meist durch Drücken eines Signalknopfes). Durch Verbinden der einzelnen Messwerte entsteht das Tonaudiogramm.

Die Genauigkeit der Untersuchung ist weniger durch das eingesetzte Audiometer, als durch den Patienten und dessen Aufmerksamkeit bestimmt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei einer wiederholten Messung der Luftleitung Unterschiede von bis zu zehn Dezibel auftreten können.

Was ist die Sprachaudiometrie?

Bei der Sprachaudiometrie wird überprüft, wie viele der angebotenen Wörter (Zahlen, Einsilber) oder Sätze vom Patienten über Kopfhörer (monaural) oder Lautsprecher (binaural) im freien Schallfeld richtig gehört werden. Beurteilt wird der Grad des Verstehens.

Beispiel: Beim so genannten "Freiburger Sprachverständlichkeits-Test" umfasst das Testmaterial zehn Gruppen mit je zehn mehrsilbigen Zahlen sowie 20 Gruppen mit je 20 einsilbigen Wörtern. Die Wörter sind jeweils so zusammengesetzt, dass innerhalb einer Gruppe der mittlere Frequenzinhalt der deutschen Sprache gegeben ist.

Bei der Prüfung des Hörverlustes für Zahlen (Zahlentest) dienen als Testwörter mehrsilbige Zahlen, von denen 50 Prozent verstanden werden müssen. Verglichen wird jene Lautstärke, bei der ein Patient 50 Prozent versteht, mit der von Normalhörigen. Die Prüfung der Sprachverständlichkeit (Einsilber) beschreibt, bei welcher Lautstärke 100 Prozent der einsilbigen Wörter verstanden werden. Auch hier wird die Lautstärkenerhöhung beim Patienten mit der normalen Lautstärke Gesunder verglichen.

Audiometrische Grundlagen

Audiometrie - Durchführung eines Hörtests
Ton- und Sprachaudiometrie in der Praxis

Wir versuchen hier eine Zusammenfassung zum Thema Audiometrie. Sehr empfehlenswert sind auch die Videos aus der Reihe "Ohr und Technik" auf YouTube.

1. Tonaudiogramm

1.1. Stimmgabelversuche.

Vor Erstellung eines Tonaudiogramms empfiehlt es sich, orientierende Stimmgabelversuche durchzuführen. Wichtig sind die Versuche nach Weber und Rinne. Ihr Ergebnis und die subjektive Empfindung des Patienten über eine Seitendifferenz der Schwerhörigkeit lassen erkennen, ob der Grad der Schwerhörigkeit seitenverschieden ist, ob es sich überwiegend um eine Schallleitungsstörung oder überwiegend um eine Innenohrschwerhörigkeit handelt (Der Begriff der "audiometrischen Innenohrschwerhörigkeit" bezieht sich auf alle Hörschäden, die im Bereich der Schnecke, des Hörnerven oder der weiter zentralen Hörbahnen verursacht werden. Dieser eingebürgerte Ausdruck stellt keine lokalisatorische Diagnose dar). Darüber hinaus erhält man bereits wichtige Hinweise für die eventuelle Notwendigkeit der Vertäubung.

Die praktische Durchführung der Stimmgabelversuche erfolgt mit einer Stimmgabel C2 (512 Hz), da in diesem Bereich die Ergebnisse gewöhnlich am eindeutigsten ausfallen. Auch eine Stimmgabel C3 (1.024 Hz) ist für die Stimmgabelversuche geeignet. Zum sicheren Aufsetzen auf den Kopf muss die Stimmgabel einen breiten Fuß haben. Der Anschlag der Stimmgabel erfolgt mit den Fingernägeln des Daumens und des Zeigefingers, das Anschlagen der Stimmgabel an Gegenstände ist nur dann notwendig, wenn infolge der Schwerhörigkeit des Patienten eine hohe Anschlaglautstärke erwünscht ist; man muss jedoch bedenken, dass die Lautstärke der Stimmgabel nach dem Anschlag sehr rasch abfällt. Der Weber´sche Versuch wird so durchgeführt, dass die angeschlagene Stimmgabel mit dem Fuß auf die Stirnmitte gesetzt und der Patient gefragt wird, ob er den Ton in der Mitte des Kopfes, in beiden Ohren oder nur in einem Ohr hört. Wird der Ton überwiegend in einer Seite des Kopfes oder in einem Ohr lokalisiert, spricht man von Lateralisation. Lateralisation in das schlechter hörende Ohr bedeutet, dass auf diesem Ohr wahrscheinlich eine Schallleitungsschwerhörigkeit besteht. Lateralisation in das besser hörende Ohr bedeutet, dass auf dem schlechter hörenden Ohr wahrscheinlich eine Innenohrschwerhörigkeit besteht.

Die endgültige Deutung des Ergebnisses des Weber´schen Versuches ist nur nach Ergänzung durch den Rinne´schen Versuch möglich. Dabei wird die Hördauer der angeschlagenen Stimmgabel vor dem Gehörgangseingang (Luftleitung) mit der Hördauer bei Aufsetzen des breiten Fußes auf den Warzenfortsatz (Knochenleitung) verglichen. Wenn die Luftleitung länger gehört wird als die Knochenleitung ("Rinne positiv"), dann besteht entweder normales Gehör oder eine Innenohrschwerhörigkeit. Wenn die Knochenleitung länger gehört wird als die Luftleitung ("Rinne negativ"), dann liegt auf dem geprüften Ohr eine Schalleitungsstörung vor. Wird beim Rinne´schen Versuch über Luftleitung und Knochenleitung gleich lang gehört, dann besteht eine Schallleitungskomponente von etwa 2o dB. Wenn beim Rinne´schen Versuch die Knochenleitung auf das andere Ohr überhört wird, dann liegt entweder auf dem anderen Ohr allein eine Schallleitungsstörung vor, was schon beim Weber´schen Versuch entsprechende Lateralisation hervorruft, oder das geprüfte Ohr ist wesentlich schwerhöriger als das überhörende Ohr. Durch Überhören kann bei Taubheit eines Ohres ein scheinbar negativer Rinne gefunden werden.

1.2. Bestimmung der Tongehörschwellen

Die praktische Durchführung der tonaudiometrischen Schwellenmessung erfolgt für jedes Ohr getrennt über Kopfhörer. Schwellenbestimmungen über Lautsprecher sind nur in Ausnahmefällen, z. B. bei Kleinkindern oder bei der Überprüfung von Hörgeräten, angezeigt. Die audiometrische Prüfung sollte in einem Raum stattfinden, der von störenden Umweltgeräuschen weitgehend befreit ist. Der Kopfhörer soll fest und seitenrichtig aufgesetzt werden. Die sich aus der Prüfung ergebenden Messpunkte sollten sofort mit Hilfe der Halbautomatik im Audiogrammformular festgehalten werden, wobei es sinnvoll ist, einheitliche Symbole zu verwenden (x - Luftleitung links, o - Luftleitung rechts). Das Loch im Schieber gibt die Position des Messpunktes an. Die Verbindung der Messpunkte durch gerade Linien ergibt das Audiogramm. Man beginnt stets auf dem besser hörenden Ohr. Zuerst wird eine mittlere Frequenz (Tonhöhe) getestet, gewöhnlich 1.000 Hz (1 kHz). Dann prüft man in Oktavsprüngen die Hörschwellen bei 2.000 Hz (2 kHz), 4.000 Hz (4 kHz) und 8.000 Hz (8 kHz). Danach kontrolliert man noch einmal die festgestellte Hörschwelle bei 1.000 Hz, korrigiert diese bei abweichender Angabe bei der Kontrolle und muss eventuell auch die weiteren schon geprüften Frequenzen noch einmal kontrollieren. Dann prüft man die Hörschwellen bei 500, 250 und 125 Hz. Anschließend werden die noch fehlenden Frequenzen im oberen Frequenzbereich nachgeholt; dabei kann man kontrollieren, ob die Verbindung der einzelnen Meßpunkte (die sogenannte Hörschwellenkurve) auffällige Zacken aufweist, die eventuell auf ungenaue Angaben des Patienten hinweisen. In so einem Falle sind mehrfache Kontrollen notwendig. Erscheinen die einzelnen Meßpunkte für die Hörschwellen bei verschiedenen Frequenzen plausibel, dann werden sie durch gerade Striche miteinander verbunden

Man sollte es vermeiden, geschwungene Kurven zu zeichnen, da diese eine Genauigkeit vortäuschen, die in Wirklichkeit nicht besteht; denn die Punkte zwischen den einzelnen Meßpunkten sind ja nicht gemessen worden, und Kurven deuten an, dass die Zwischenpunkte gemessen oder errechnet worden sind. Für die Bestimmung der Tongehörschwellen empfiehlt es sich, nicht Dauertöne zu verwenden, sondern die Töne zu unterbrechen. Eine Folge von zwei Tonimpulsen pro Sekunde ist am günstigsten. Die Hörschwelle wird durch die Verwendung von Impulstönen ausreichender Dauer nicht verändert, erleichtert es jedoch dem Patienten, die Töne in Nähe der Hörschwelle zu erkennen, insbesondere dann, wenn Umweltgeräusche nicht ganz zu vermeiden sind oder der Patient selbst Ohrgeräusche hat.

Die Geschwindigkeit, mit der beim Aufsuchen der Hörschwelle der Pegel eines Dauertones erhöht wird, hängt von der Reaktionsfähigkeit des Patienten ab. Bei gesunden Menschen beträgt die Reaktionszeit auf akustische Signale etwa 1/10 sec., so dass theoretisch (bei 5 dB-Stufen des Audiometers, auch bei PC-Audiometern, da sinnvoll) in einer sec. 10 Verstärkungsstufen = 5o dB überstrichen werden könnten; dieser theoretische Wert ist in der Praxis zu schnell. Bei Patienten mit normaler Reaktionszeit ist es empfehlenswert, die Lautstärke um 10 - 2o dB pro Sekunde zu erhöhen. Bei Patienten mit langsameren Reaktionen muss die Geschwindigkeit unter Umständen erheblich geringer sein; man kann sich durch Prüfung mit verschieden schneller Verstärkung bei der gleichen Frequenz davon überzeugen, ob mit unterschiedlicher Verstärkungsgeschwindigkeit unterschiedliche Hörschwellen angegeben werden; in diesem Falle muss man dann die Geschwindigkeit der Verstärkung der Reaktionszeit des Patienten anpassen. Bei alten Menschen und bei Patienten mit zentralen Erkrankungen können die Reaktionszeiten über 1 sec. hinausgehen. An die Genauigkeit der Hörschwellenbestimmung darf man nicht zu strenge Anforderungen stellen, da alle psychophysischen Versuche, wie auch die Hörschwellenmessung eine ist, normale Variationsbreite besitzen. Beim gleichen Patienten können zu verschiedenen Zeiten durchaus unterschiedliche Hörschwellenwerte gemessen werden. Die normale Streuung in der Tonschwellenaudiometrie beträgt 10 dB. Wenn bei einem Audiometer die Verstärkung in 5 dB-Stufen erfolgt, dann ist es auch nicht sinnvoll, Angaben über die Hörschwelle zu machen, die genauer sind als es die 5 dB-Stufe zulassen, z. B. "Hörverlust 43 dB", da 43 dB nicht gemessen werden können, sondern nur 4o dB und 45 dB. Wenn man auf dem besser hörenden Ohr die Hörschwellen über Luftleitung bestimmt hat, dann muss der gleiche Vorgang für das schlechter hörende Ohr wiederholt werden. Hören beide Ohren gleich, dann ist es gleichgültig, mit welchem Ohr man beginnt.

1.3. Vertäubung

Ist das Gehör des Patienten auf beiden Seiten unterschiedlich, dann ist es möglich, dass die Töne auf dem schlechter hörenden Ohr so laut eingestellt werden müssen, dass sie von dem besser hörenden Ohr eher wahrgenommen werden können, als sie das zu prüfende, schlechtere Ohr wahrnimmt. Man nennt diesen Vorgang "Überhören". Das Überhören muss verhindert werden, da sonst falsche Hörschwellen angegeben werden; denn der Patient kann gewöhnlich nicht unterscheiden, ob er den Ton links oder rechts hört. Nur sehr genau beobachtende Patienten machen den Prüfer darauf aufmerksam, dass sie den Ton auf dem anderen Ohr hören und nicht auf dem, das man prüfen möchte. Um das Überhören zu vermeiden, muss das bessere Ohr künstlich schwerhörig gemacht werden - es wird "vertäubt". Zur Vertäubung kann man Töne und Geräusche benutzen. Die Verwendung von Tönen ist deshalb nicht zu empfehlen, weil es für den Patienten dann schwierig wird, zwischen dem Ton auf dem nicht geprüften und den erwarteten Tönen auf dem geprüften Ohr zu unterscheiden. Lediglich dann, wenn man die Vertäubung mit einem Dauerton und die Prüfung mit unterbrochenen Tönen durchführt, ist die Vertäubung mit dem gleichen Ton, wie es der Prüfton ist, möglich. Besser ist die Vertäubung mit Geräuschen, wobei schmalbandige Geräusche den breitbandigen Geräuschen vorzuziehen sind, da mit den Schmalbandgeräuschen die Gefahr von Fehlern geringer ist. Für die Vertäubung muss man beachten, dass die Prüftöne erst dann überhört werden können, wenn sie um mehr als 5o dB lauter sind als die Hörschwelle auf dem besser hörenden Ohr. Um ein Überhören sicher zu vermeiden, muss man also damit rechnen, dass ein Überhören von dem Augenblick an möglich ist, von dem man auf dem schlechter hörenden Ohr zur Erreichung der Hörschwelle Lautstärken anbietet, die mehr als 4o dB über der Hörschwelle des besser hörenden Ohres liegen. Wenn zum Beispiel die Hörschwelle des besser hörenden Ohres bei 2o dB Hörverlust liegt, dann kann auf dem schlechter hörenden Ohr bis zu 6o dB verstärkt werden, ohne dass die Gefahr besteht, dass das besser hörende Ohr mithört. Wenn 6o dB auf dem schlechter hörenden Ohr in diesem Beispiel überschritten werden, dann ist die Möglichkeit nicht mehr auszuschließen, dass jetzt das besser hörende Ohr erregt wird. Da der Patient gewöhnlich nicht unterscheiden kann, auf welchem Ohr die Prüfung gemacht wird und wo er den Ton hört, wird er eine Überhörschwelle angeben.

Um dieses Überhören zu vermeiden, muss also eine Vertäubung erfolgen, wenn die Lautstärke des Prüftones auf dem schlechter hörenden Ohr größer gemacht werden muss als 4o dB über der Hörschwelle des besser hörenden Ohres. In dem genannten Beispiel muss also ab 6o dB vertäubt werden. Diese Regel gilt für die Prüfung mit Luftleitungsschall; über Knochenleitung ist ein Überhören schon von der Hörschwelle des besseren Ohres an möglich, man muss also sofort mit der Vertäubung beginnen, wenn die Lautstärke des Prüftones größer wird als die Hörschwelle des besser hörenden Ohres. Die einfachste und sicherste Methode der Vertäubung ist es, das Schmalbandgeräusch auf dem zu vertäubenden Ohr in gleichem Maße zu verstärken, wie den Prüfton auf dem schlechter hörenden Ohr. Wenn das Vertäubungsgeräusch und der Prüfton immer gleich laut bleiben, dann kann in den meisten Fällen, in denen eine Vertäubung notwendig ist, kein schwerwiegender Fehler gemacht werden. Man gibt dann gleichzeitig mit dem Prüfton von Beginn an das Rauschen und verstärkt es gleichzeitig mit dem Ton. Die Lautstärke des Prüftons und die Lautstärke des Vertäubungsgeräusches bleiben während des gesamten Prüfvorganges gleich. Besteht auf dem besser hörenden Ohr eine Schalleitungsstörung, dann muss das Vertäubungsgeräusch von vorne herein um den Betrag der Schalleitungskomponente stärker gemacht werden als der Prüfton auf dem schlechter hörenden Ohr. Diese Methode kann allerdings versagen, wenn kombinierte Schwerhörigkeit hohen Grades auf einem oder beiden Ohren vorliegen. Diese Komplikation schon vor der audiometrischen Prüfung zu erkennen, hilft die sorgfältige Durchführung der Stimmgabelversuche. In solchen schwierigen Fällen kann man mitunter nur mit Hilfe des Rainville-Testes zum Ziel gelangen, der jedoch die Ausstattung des Audiometers mit zwei Knochenleitungshörern erfordert.

2. Bestimmung der Dynamikbreite ("Intensitätsbreite")

Die Dynamikbreite gibt den Arbeitsbereich des Ohres zwischen Hörschwelle und Aussteuerungsgrenze an.

Ein ungefähres Maß für die Aussteuerungsgrenze des Ohres gibt die sogenannte Unbehaglichkeitsschwelle, bei deren Überschreiten der Patient angibt, dass der Ton unangenehm laut wird. Dieses Unbehaglichkeitsgefühl wird vor allem verursacht durch die Entstehung starker, enauraler Verzerrungen, ist jedoch auch abhängig von der zentralen Bewertung der Lautstärke und damit auch von schwer fassbaren, psychogenen Beurteilungskriterien. Trotz dieser Unsicherheit ist die Unbehaglichkeitsschwelle normalerweise verhältnismäßig sicher zu bestimmen und streut nur wenig mehr als die Hörschwelle. Bei Normalhörenden liegt die Unbehaglichkeitsschwelle für Töne bei etwa 100 - 110 dB, die Unbehaglichkeitsschwelle für Geräusche bei etwa 90 - 100 dB. Die Bestimmung der Unbehaglichkeitsschwelle erfolgt mit Tonimpulsen von mindestens 1 sec. Länge. Man beginnt ab 7o dB die Verstärkung langsam zu erhöhen, bis der Patient angibt, dass er die Tonimpulse unbehaglich laut, "zu laut", empfindet. Der festgestellte Schwellenwert für die Unbehaglichkeit wird im Audiogramm durch ein liegendes Kreuz. Bei cochleärer Schwerhörigkeit wird in der Mehrzahl der Fälle die Unbehaglichkeitsschwelle im Bereich normaler Werte oder sogar schon früher erreicht (Hyperakusis). In diesen Fällen ist dann der Abstand zwischen Hörschwelle und Unbehaglichkeitsschwelle, gemessen in dB, gegenüber dem Normalfall verkleinert. Bei fehlender Einengung der Dynamik wird bei größeren Hörverlusten die Verstärkungsgrenze des Audiometers überschritten, so dass die Unbehaglichkeitsschwelle in diesen Fällen nicht mehr messbar ist. Negativer Ausfall der Bestimmung der Unbehaglichkeitsschwelle besagt deshalb nicht, dass keine cochleäre Schwerhörigkeit besteht. Nur der positive Ausfall eines Nachweises von eingeengter Dynamikbreite ist verwertbar.

3. Langenbeck'sche Geräuschaudiometrie

Ebenso wie die Bestimmung der Dynamikbreite dient die Langenbeck´sche Geräuschaudiometrie dem Nachweis einer cochleären Schädigung. Der Test beruht darauf, dass bei cochleären Schwerhörigkeiten Töne von Geräuschen weniger stark verdeckt werden als bei retrocochleären Schäden. Aus diesem Grunde bestimmt man bei gleichzeitiger Einwirkung des Geräusches die Hörschwellen von Tönen. Der Test ist beschränkt auf solche Fälle, die einen Abfall der Hörschwellenkurve von mindestens 2o dB pro Oktave (in Teilbereichen) aufweisen. Zur Verdeckung benutzt man ein Schmalbandgeräusch. Bei Breitbandgeräuschen besteht die Gefahr, dass durch die unterschiedliche Verdeckung in den verschiedenen Frequenzbereichen Fehlmessungen erfolgen. Bei Verwendung eines breitbandigen, gleichmäßig verdeckenden Geräusches (z. B. "Langenbeck-Rauschen") muss die Absolutdarstellung des Audiogramme verwandt werden. Die Lautstärke des Verdeckungsgeräusches wird so gewählt, dass sie dem dB-Wert der Hörschwelle eines Tones entspricht, der etwa in der Mitte des Abfalls der Hörverlustkurve liegt (siehe Abbildung Nr. 2). Bei gleichzeitiger Einwirkung des Geräusches wird dann möglichst mit einem unterbrochenen Ton die Hörschwelle für diesen Ton wie beim Tonaudiogramm bestimmt.

Das Geräuschaudiogramm nach Langenbeck wird so erstellt, dass zunächst die Hörschwellen für Töne ohne Geräuscheinwirkung festgestellt werden (Tonaudiogramm). Anschließend werden für die gleichen Töne die Verdeckungsschwellen bestimmt, wie sie sich bei gleichzeitiger Einwirkung des Schmalbandgeräusches um die jeweilige Prüffrequenz ergeben. Die Verdeckungsschwellen werden wie beim Tonaudiogramm miteinander verbunden (s. Abb. 2) und ergeben eine Verdeckungskurve, die erkennen lässt, dass sie sich der Hörschwelle ohne Vertäubung nähert (Test positiv) oder konstanten Abstand hält (Langenbeck-Test negativ). Das jeweilige Vertäubungsgeräusch, dessen Mittenfrequenz im Bereich des Testtones liegt, wird für alle Verdeckungsschwellen am Audiometer im Pegel konstant gehalten. In dem eingezeichneten Beispiel liegen die Schmalbandgeräusche stets bei 5o dB. In Zweifelsfällen können auch Verdeckungskurven für unterschiedliche Vertäubungsintensitäten aufgezeichnet werden.

4. SISI-Test

Der von Jerger beschriebene SISI-Test (short increment sensitivity Index) dient zum Nachweis einer erhöhten Lautstärkenunterschiedsempfindlichkeit und ist damit ein indirekter Nachweis von Recruitment. Da das Ohr für 2 min. mit einem Dauerton belastet wird, findet gleichzeitig ein Adaptationsvorgang statt, der erwünscht ist und in das Ergebnis eingeht. Das Audiometer muss für die Durchführung des SISI-Testes eingerichtet oder mit einem Zusatzgerät versehen sein. Der SISI-Test wird normalerweise bei 1 und 4 kHz durchgeführt. Der Ton wird mit einer Lautstärke von 2o dB über der Hörschwelle des Patienten für 2 min. auf das Ohr gegeben. In Abständen von 4,8 sec. erfolgt für eine Dauer von 200 msec. eine Lautstärkenerhöhung um genau 1 dB. Innerhalb von etwa 2 min. erfolgen damit 2o solcher Inkremente. Normalhörende und Patienten mit retrocochleären Hörschäden nehmen nur wenige increment wahr (SISI negativ bis 30 % = 6 gehörte Inkremente).

Patienten mit cochleären Schwerhörigkeiten, die mit Recruitment verbunden sind, hören gewöhnlich mehr als 6o % = 12 increment (SISI positiv). Um eine vorherige Adaptation und damit bei retrocochleären Hörschäden einen falsch positiven oder unsicheren SISI-Test zu vermeiden, ist zu empfehlen, vor der Durchführung des SISITestes keine Belastung des Ohres vorzunehmen. Aus diesem Grunde sollte der Test folgendermaßen durchgeführt werden: Zunächst wird auf einem Ohr dem Patienten das Vorgehen gezeigt, indem man den Ton verhältnismässig laut und mit großen Lautstärkeerhöhungen einstellt (die meisten Audiometer mit eingebautem SISI-Test sowie die Zusatzgeräte haben die Möglichkeit, neben Inkrementen von 1 dB auch Inkremente von mehreren dB einzustellen; man wählt dann den höchstmöglichen Wert). Der Patient wird aufgefordert, immer dann, wenn er eine Erhöhung der Lautstärke wahrnimmt, kurz auf den Signalknopf zu drücken. Dadurch kann man in dem Vortest gleichzeitig beobachten, wie schnell der Patient reagiert. Nach Abschalten des Tones wird dann auf dem anderen Ohr der SISI-Test so durchgeführt, wie er vorgeschrieben ist, d. h. mit 2o dB über der Hörschwelle für 2 min. Die Zahl der wahrgenommenen 1 dB-Inkremente wird ausgezählt und notiert (s. Abb. 1). Anschließend erfolgt dann die Durchführung des Testes auf demjenigen Ohr, das zunächst dem Training gedient hat. Man beginnt zweckmäßigerweise zunächst bei 4000 Hz und mißt später erst bei 1000 Hz, da der SISI-Test bei 4000 Hz erfahrungsgemäß häufiger positiv ausfällt und damit den Patienten nicht unnötig auf Inkremente warten lässt.

5. Lautstärkenunterschiedsschwellenbestimmung

Wenn eine Schwerhörigkeit mit Recruitment verbunden ist, was auf das Vorliegen einer cochleären Schädigung hinweist, dann ist die Empfindlichkeit für Änderungen der Lautstärke gegenüber dem Normalfall erhöht. Das bedeutet, dass der Patient Lautstärkeschwankungen hören kann, die der Normalhörende nicht wahrnimmt. Der älteste Test zur Lautstärkenunterschiedsschwellenbestimmung stammt von Löscher und Zwislocki. Dabei wurde ein Ton von 8o dB über der normalen Hörschwelle regelmäßig um einen bestimmten Betrag verstärkt und wieder abgeschwächt, so dass seine Lautstärke regelmäßig um den Betrag von 8o dB herum schwankt.

Der Normalhörende nimmt bei einer Lautstärke von 8o dB nur Schwankungen wahr, die 2 dB und mehr betragen. Bei Recruitment werden Schwankungen von 1 dB und weniger gehört. Bei retrocochleärer Schwerhörigkeit werden mitunter Schwankungen nur mit 4 und mehr dB wahrgenommen. Ursprünglich wurde von Lüscher angegeben, dass der Ton über längere Zeit schwankend auf das Ohr gegeben und die Höhe der Schwankungen währenddessen so lange verstärkt wurde, bis der Patient die Schwankung hörte. Die Streuungen der Ergebnisse waren mit diesen Verfahren sehr groß, so dass es sich nicht durchgesetzt hat. Die Zahl der Fälle, in denen eine Entscheidung für oder gegen das Vorliegen von Recruitment nicht möglich war, war ebenfalls sehr groß. Aus diesem Grunde hat Jerger empfohlen, nicht die Absolutwerte der Lautstärkenunterschiedsschwellen auszuwerten, sondern die Lautstärkenunterschiedsschwellenbestimmung bei 2 Intensitäten durchzuführen und diese beiden Werte miteinander zu vergleichen. Da die Lautstärkenunterschiedsempfindlichkeit des normalen Ohres und des Ohres mit retrocochleärer Schwerhörigkeit in Nähe der Hörschwelle sehr gering ist, die des Ohres mit Recruitment jedoch meistens sehr hoch, empfiehlt Jerger, die Lautstärkenunterschiedsschwellenbestimmung bei 10 dB und 4o dB über der individuellen Hörschwelle durchzuführen; ausgewertet wird die Differenz zwischen den beiden Schwellenwerten (Differenz-Test). Darüber hinaus hat Plath zeigen können, dass die Dauer der Belastung des Ohres das Ergebnis der Lautstärkenunterschiedsschwellenbestimmung erheblich beeinflussen kann.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte empfiehlt sich für die Lautstärkenunterschiedsschwellenbestimmung das folgende Verfahren: Der Patient wird aufgefordert anzuzeigen, wenn er in dem angebotenen Ton Lautstärkeschwankungen erkennen kann. Am besten zeigt er mit der Hand oder mit dem Signalknopf diese gehörten Änderungen an. Zunächst werden dem Patienten verhältnismässig laute Töne von etwa 8o dB, die jedoch seine Unbehaglichkeitsschwelle nicht überschreiten dürfen, mit starker Schwankung und ohne Schwankungen der Lautstärke angeboten, damit er seine Aufgabe kennen lernt. Dabei soll er bereits so signalisieren, wie das beim Test notwendig ist, damit man seine Reaktionen beobachten kann. Dann stellt man den Ton für die erste Testfrequenz bei 4o dB über der Hörschwelle des Patienten ein, während der Unterbrecher am Audiometer zunächst verhindert, dass der Patient den Ton hört. Die Modulationsfrequenz wird auf 0,5 dB gestellt, die Lautstärkenerhöhung auf o dB. Durch Loslassen des Unterbrechers wird dann der Ton für etwa 1 - 2 (maximal) sec. hörbar gemacht, und der Patient soll entscheiden, ob er in dem Ton Schwankungen hörte oder nicht. Danach wird die größere Amplitudenschwankung allmählich schrittweise erhöht, bis der Patient die Schwankungen als hörbar angibt. Diejenige Lautstärkenerhöhung, die der Patient als erste in der Reihe wahrnahm, wird als Lautstärkenunterschiedsschwelle in das Audiogrammformular eingezeichnet (s. Abb. 1). Dann führt man den Test mit einer Lautstärke von 10 dB über der Hörschwelle bei der gleichen Frequenz durch. Gewöhnlich wird der Differenz-Test zur Lautstärkenunterschiedsschwellenbestimmung bei 1 kHz und 4 kHz durchgeführt wie der SISI-Test. Bei Patienten mit retrocochleären Störungen sind die Lautstärkenunterschiedsschwellen bei 4o dB SL stets kleiner als bei 10 dB SL. Bei Patienten mit Recruitment findet man bei 10 dB und 4o dB SL gleichgroße Unterschiedsschwellenwerte, oft ist die Lautstärkenunterschiedsschwelle bei 10 dB SL sogar kleiner als bei 4o dB SL. In der beschriebenen Weise kann der Test auch bei sehr alten Patienten durchgeführt werden und hat eine hohe Signifikanz.

6. Fowler-Test

Der direkte Nachweis von Recruitment auf einem schwerhörigen Ohr ist nur dann möglich, wenn auf dem anderen Ohr normales Gehör besteht oder nur ein geringer Hörverlust von höchstens 3o dB. Dann kann die empfundene Lautheit auf dem kranken Ohr mit der des gesunden Ohres verglichen werden. Der Test wird so durchgeführt, dass ein Ton abwechselnd links und rechts angeboten und auf dem einen Ohr so lange in seiner Lautstärke verändert wird, bis der Patient das Empfinden hat, auf beiden Ohren den Ton gleich laut zu hören. Man stellt auf dem schlecht hörenden Ohr zunächst den Ton auf 2o dB über der Hörschwelle und verstärkt auf dem gut hörenden Ohr langsam, wobei mit der Hand bzw. - besser - durch eine Automatik im Audiometer der Ton abwechselnd auf beiden Ohren gegeben wird. Der Patient hat anzuzeigen, wenn er die Töne auf beiden Ohren gleich laut empfindet. Anschließend wird dann, falls die Leistungsgrenze des Audiometers noch nicht erreicht und auch der Patient noch keine Unbehaglichkeit für diese Lautstärke angibt, auf dem kranken Ohr um lo dB erhöht und erneut ein Lautheitsvergleich in der beschriebenen Weise durchgeführt.

Bei vollständigem Recruitment wird mit etwa 8o - 90 dB auf beiden Ohren gleiche Lautheitsempfindung erzielt Bei unvollständigem Recruitment laufen die Verbindungslinien zwischen den Meßpunkten links und rechts zwar noch fächerförmig auseinander, es wird aber nicht mit gleicher Lautstärke gleiche Lautheitsempfindung erreicht. Bei negativem Recruitment verlaufen die genannten Verbindungslinien nahezu parallel zueinander; eine geringe Konvergenz darf noch nicht als positives Recruitment bezeichnet werden. Eine Divergenz der Verbindungslinien zum schlechter hörenden Ohr hin kommt nur bei zentralen Störungen vor und ist nur dann nachweisbar, wenn der Hörverlust auf dem schlechten Ohr nicht zu groß ist.

7. Ermüdungstest

Bei Nervenschwerhörigkeit kommt es unter der Belastung zu einer raschen Ermüdung des Hörorgans. Diese Ermüdung lässt sich durch Belastungstests nachweisen. Am bekanntesten ist der sogenannte Schwellenschwundtest nach Carhart. Dabei wird der Prüfton 5 dB über der Schwelle eingestellt, und der Patient muss angeben, ob er ihn 2 min. lang hören kann. Verschwindet der Ton für den Patienten innerhalb dieser Zeit, dann wird er sofort um 5 dB lauter gemacht, und bei mehrfachem Verschwinden wird jeweils wieder die Lautstärke um 5 dB erhöht, bis der Ton insgesamt 2 min. lang gehört werden kann. Gemessen wird die Differenz in dB zwischen der Hörschwelle und derjenigen Lautstärke, bei der der Ton 2 min. lang gehört wurde. Ein Schwellenschwund von bis zu 2o dB ist bei cochleären Hörschäden häufig, findet sich aber auch bei Normalhörenden (als Frühzeichen einer Schädigung?). Ein Schwellenschwund von mehr als 2o dB spricht für eine Nervenschwerhörigkeit oder eine zentrale Störung. In einer Variation dieses Testes wird die Belastung insgesamt nur 2 min. lang durchgeführt, und es wird ausgezählt, um wieviel dB innerhalb von 2 min. der Ton verstärkt werden musste, damit er für diese Zeit hörbar bleibt.

Beim Ermüdungstest (Adaptogramm) von Feldmann wird der Belastungston mit einem Pegel von 8o dB über der normalen Hörschwelle auf das schwerhörige Ohr gegeben. Zu Beginn ermittelt man diejenige Lautstärke eines auf das gleiche Ohr gegebenen Geräusches (schmalbandig oder breitbandig), die erforderlich ist, den Ton gerade eben zu verdecken. Dann gibt man den Dauerton mit 8o dB und prüft nun jede Minute erneut, welche Geräuschstärke zur Verdeckung erforderlich ist. Der Ton bleibt dabei ständig gleich laut eingeschaltet. Normalerweise wird in den ersten Minuten infolge der Adaptation eine geringere Geräuschstärke zur Verdeckung erforderlich sein als zu Beginn der Prüfung, nach 2 3 min. wird dann ein konstanter Wert bei normalerweise etwa 2o dB weniger als zu Beginn erreicht. Nach Erreichen dieses gleichbleibenden Adaptationszustandes wird dann auch der Ton abgeschaltet. Danach wird in Minutenabständen erneut mit 8o dB Ton geprüft, welche Geräuschstärke zur Verdeckung des Tones erforderlich ist. Normalerweise wird 1 - 2 min. nach Beendigung des Dauertones der ursprüngliche Wert wieder erreicht. Bei pathologischer Adaptation bzw. Ermüdung wird die zur Verdeckung des Tones notwendige Geräuschstärke sehr klein und kann bis zur Hörschwelle für den Ton zurückgehen. Ferner braucht das Ohr nach Abschaltung des Dauertons eine längere Zeit bis zur Erreichung der ursprünglichen Werte.

8. Simulationstests

Der Nachweis von Simulation oder Aggravation ist in der audiometrischen Praxis nicht einfach und gelingt auch nicht immer, wenn nicht sehr spezielle Versuchsanordnungen zur Verfügung stehen. Einige einfache Simulationstests sollen es jedoch möglich machen, in der Praxis den Verdacht auf Simulation zumindest zu erhärten und so den Nachweis zu führen, dass die Angaben des Patienten nicht richtig sind. Der Nachweis von Simulation bedeutet allerdings noch nicht, dass man gleichzeitig die tatsächlichen Hörschwellen bzw. Diskriminationswerte des Patienten ermitteln kann.

Besonders schwierig kann es sein, eine beidseitig simulierte Taubheit zu entlarven. In der Praxis gelingt dies gelegentlich durch Erschrecken des Patienten durch plötzliche laute Geräusche. Man kann dazu auch das Audiometer benutzen, indem man den Patienten den Kopfhörer aufsetzt und zunächst wie bei der Tonaudiometrie einzelne Töne hoch verstärkt. Ein guter Simulant wird dabei keine Reaktionen zeigen. Dann gibt man plötzlich ein möglichst breitbandiges Rauschen mit sehr hoher Lautstärke auf einen Kopfhörer. Wenn der Patient Taubheit simuliert, wird er eine leichte Schreckreaktion, zum Beispiel einen Lidreflex, zeigen. Ferner kann man den beiderseitige Taubheit simulierenden Patienten einen Text zum Vorlesen geben. Während des Lesens wird wieder ein lautes Geräusch auf einen Kopfhörer gegeben. Bei tatsächlicher Taubheit wird der Patient mit unveränderter Lautstärke weiter lesen, bei Simulation wird der Patient unwillkürlich seine Lautstärke anheben. Durch Aufnahme des vorgelesenen Textes auf ein Tonbandgerät kann der Nachweis der Lautstärkeerhöhung gegebenenfalls objektiviert werden.

Diese als Lombard-Test bezeichnete Simulationsprüfung kann bei angeblicher beiderseitiger Taubheit oder auch bei angeblich einseitiger Taubheit benutzt werden; bei angeblich einseitiger Taubheit dürfen die Geräusche jedoch nicht zu laut gegeben werden, damit sie nicht auf das gute Ohr überhört werden, so dass der Anwendungsbereich des Lombard-Testes bei angeblich einseitiger Taubheit beschränkt ist; hierfür stehen auch eine Reihe besserer Tests zur Verfügung. Bei simulierter einseitiger Taubheit oder hochgradiger Schwerhörigkeit empfehlen sich für die audiometrische Praxis folgende Simulationstests:

 

8.1. Überhörversuch:

Man führt zunächst die Tonaudiometrie wie üblich auf dem angeblich guten Ohr durch. Dann audiometriert man in gleicher Weise das angeblich nicht oder sehr schlecht hörende Ohr. Wenn der Patient auf dem angeblich schlechten Ohr sehr hohe Hörverluste angibt, wird man, wie beschrieben, vertäuben. Dadurch wird ein Überhören auf das angeblich bessere Ohr vermieden. Läßt man jetzt die Vertäubung weg, dann muss der Patient bei Lautstärken von mehr als 5o dB über der Hörschwelle des "guten" Ohres die Prüftöne wieder wahrnehmen. Dabei kann er jedoch nicht sicher entscheiden, auf welchem Ohr er sie hört. Der Simulant wird aus diesem Grunde nicht angeben, dass er etwas hört. Der tatsächlich auf einem Ohr Taube oder hochgradig Schwerhörige wird dagegen die überhörten Töne als gehört angeben. Das Ausbleiben von Überhörschwellen ist daher ein guter Simulationstest.

 

8.2. Der Stenger'sche Versuch

nutzt die Tatsache aus, dass bei stärkerer Vertäubung eines hörenden Ohres die Hörschwelle auf dem anderen Ohr verschoben wird. Bei angeblich einseitiger Taubheit oder hochgradiger Schwerhörigkeit wird aus diesem Grunde nach Erstellung der Schwellenkurve auf dem "guten " Ohr das angeblich nicht hörende Ohr mit einem Ton oder einem Geräusch (breitbandig oder schmalbandig) so vertäubt, dass dieses Geräusch nicht übergehört werden kann. Anschließend werden noch einmal auf dem "guten" Ohr die Hörschwellen bestimmt. Wenn der Patient auf dem einen Ohr tatsächlich nicht hört, dann wird sich die Vertäubung dieses Ohres auf die Hörschwellen des anderen Ohres nicht auswirken. Simuliert der Patient jedoch dann werden die Hörschwellen auf dem "guten" Ohr bei Vertäubung des "schlechten" Ohres sich verschieben. Mann kann dann mit der Lautstärke der Vertäubung so lange zurückgehen, bis auf dem "guten" Ohr die ursprünglichen Hörschwellenwerte wieder angegeben werden, und man hat dann ein ungefähres Maß dafür, in welchem Bereich die tatsächliche Hörschwelle auf dem angeblich nicht hörenden Ohr liegt. Man kann den Stenger´schen Versuch auch in der Weise durchführen, dass man auf das "gute" Ohr einen überschwelligen Dauerton gibt und auf das angeblich nicht hörende Ohr die gleiche Frequenz mit Impulstönen (0,5). Der Patient wird aufgefordert, zu signalisieren, wenn er Lautstärkeschwankungen im Dauerton auf dem "guten" Ohr hört. Die Tonimpulse auf dem "schlechten" Ohr werden allmählich verstärkt. Der tatsächlich einseitig Taube oder hochgradig Schwerhörige wird von dem Augenblick an Tonschwankungen angeben, in dem er die Tonimpulse auf das gute Ohr überhört. Der Simulant wird keine Tonschwankungen angeben, da er nicht erkennen kann, dass er sie eigentlich überhören müsste, und da er glaubt, die Tonimpulse seien nur im angeblich nicht hörenden Ohr. Vom Stenger´schen Versuch gibt es eine Reihe ähnlicher Varianten.

9. Sprachaudiometrie

Für die Sprachaudiometrie wird im deutschsprachigen Raum der Freiburger Sprachtest nach Hahlbrock benutzt (Wörter für Gehörprüfung mit Sprache nach DIN 45 621). Er besteht aus 1o Gruppen zu jeweils 1o zweistelligen Zahlen und 2o Gruppen zu jeweils 20 einsilbigen Hauptwörtern. Geprüft wird, wie viele Wörter einer Gruppe bei gleichbleibendem Sprachschallpegel verstanden werden. Die Zahl der verstandenen Wörter wird in Prozent der Gesamtzahl der Wörter der Gruppe angegeben (Verständlichkeit, Diskrimination). Die Reihenfolge der benutzten Wörtergruppen ist beliebig, man muss jedoch jede Gruppe für sich vollständig prüfen, da die einzelnen Gruppen in Bezug auf die Lautzusammensetzung gegeneinander ausgewogen sind.

Eine beliebige Wortwahl ohne Berücksichtigung der Gruppen führt leicht dazu, dass diese Ausgewogenheit verloren geht und damit die Signifikanz des Sprachtestes geringer wird. Die Prüfung mit Zahlen beginnt man mit einem Sprachschallpegel, der 10 - 2o dB über dem Hörverlust bei 1.000 Hz liegt. Werden mehr als 50 % der Zahlen verstanden, wird die nächste Gruppe mit einem Sprachschallpegel von 10 dB weniger geprüft; wurde weniger als die Hälfte der Zahlen verstanden, geht man bei der nächsten Zahlengruppe um 10 dB höher. Es kommt darauf an, dass die Verbindungslinie zwischen zwei Meßpunkten die Linie für 50 %ige Verständlichkeit schneidet. Der Abstand zwischen diesem Schnittpunkt und der Normallinie gibt den Hörverlust für Sprache in dB an Die Prüfung der Diskrimination für Einsilber beginnt man wegen der schlechten Verständlichkeit der einsilbigen Wörter mit einem Sprachschallpegel von etwa 3o - 4o dB oberhalb desjenigen Wertes, mit dem 5o % Verständlichkeit für Zahlen erreicht oder überschritten wird.

Es ist dringend zu empfehlen, den Einsilbertest nicht zu leise zu beginnen, da sonst der Patient ermüdet oder die Lust verliert und bei dem etwas länger dauernden Einsilbertest dann keine zufriedenstellenden Angaben mehr macht. Ziel des Einsilbertestes ist es zunächst, denjenigen Sprachschallpegel zu ermitteln, bei dem alle Einsilber verstanden oder ein Optimalwert erreicht wird, der bei weiterer Verstärkung nicht zu überschreiten ist. Wird also mit der ersten Gruppe ein bestimmter Diskriminationswert unterhalb von loo % erreicht, dann wird die nächste Gruppe mit lo dB höherem Sprachschallpegel geprüft, und es wird für jede weitere Gruppe um jeweils lo dB erhöht, bis der Patient entweder alle Einsilber verstanden hat, oder durch weitere Verstärkung kein zusätzlicher Diskriminationsgewinn mehr erzielt wird. Sobald die Diskriminationswerte bei Erhöhung des Sprachschallpegels wieder schlechter werden und der Patient womöglich angibt, es würde jetzt zu laut, muss der Sprachtest abgebrochen werden. Für jedes Sprachaudiogramm sollen mindestens 3 Gruppen von Einsilbern für jedes Ohr geprüft werden. Bewertet wird, ob der Patient loo % Diskrimination für Einsilber erreicht (kein Diskriminationsverlust), oder wie groß die Differenz zwischen dem besten erreichbaren Wert und loo % ist; diese Differenz wird als % - Diskriminationsverlust angegeben Verständlichkeit in % In der Praxis empfiehlt es sich, auch 95 % (d.h. der Patient hat ein Wort falsch oder nicht verstanden) bereits als voll verstanden anzusehen, da durch zufällige, äußere oder innere Einflüsse auch weit oberhalb des Optimalwertes gelegentlich ein Wort missverstanden werden kann. Aus diesem Grunde wurde von Wagemann ein etwas verändertes Schema für die Sprachaudiometrie nur die mathematisch statistischen Grundlagen der Sprachaudiometrie berücksichtigt, sondern auch den Vorteil hat, dass die Normallinien Geraden sind, mit deren Anstieg die Steigung der Patientenkurven verglichen werden kann. Für die Anpassung von Hörgeräten ist die Prüfung erforderlich, wie weit der Sprachschallpegel bis zum Erreichen der Unbehaglichkeitsgrenze angehoben werden kann. Dieser Toleranztest ermittelt also, in welchem Bereich der Patient maximales Sprachverständnis hat; für den Normalhörenden liegt der Bereich zwischen 5o und loo dB Sprachschallpegel. Bei Patienten mit Recruitment ist dieser Bereich gewöhnlich erheblich eingeschränkt.

Der Freiburger Sprachtest ist streng genommen nur ein Wörtertest; die normale Umgangssprache besteht aus Sätzen, die viel überflüssige Information (Redundanz) enthalten, die ihre Verständlichkeit erhöht. Um Sprachverständlichkeitsprüfungen durchführen zu können, die den tatsächlichen Verhältnissen der Kommunikation mit normaler Umgangssprache besser entsprechen als die Prüfung mit Zahlen und Einsilbern, wurde von Niemeyer der "Marburger Satzverständnistest" entwickelt. Er enthält lo Gruppen zu jeweils lo Sätzen, die in gleicher Weise wie die Wortgruppen des Freiburger Sprachtests mit konstanten Sprachschallpegeln angeboten werden. Die Verwendung der Marburger Sätze erfolgt vor allem bei Hörgeräteanpassung und bei Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in Gutachtenfällen, bei denen zwar das Sprachaudiogramm keine sichere Beeinträchtigung erkennen lässt, nach dem Tonaudiogramm jedoch erwartet werden muss, dass der Patient im täglichen sprachlichen Umgang behindert ist. Niemeyer prüft vorwiegend bei gleichzeitiger Einwirkung von Geräuschen, und er simuliert damit noch stärker die tatsächlichen Umweltverhältnisse, in denen der Patient im Alltag Sprache verstehen muss. Die Diskriminationswerte des Marburger Satzverständnistestes ohne gleichzeitige Vertäubung bei monorauraler Darbietung über Kopfhörer liegen zwischen denen für Einsilber und Zahlen.